18.04.2020 - 16:22 | Quelle: Transfermarkt.it | Lesedauer: unter 6 Min.
Serie C - Girone B
FC Südtirol
TM-User-Groundhopping-Bericht 

Stadionbesuch Südtirol: Drittklassiger Fußball und erstklassiges Panorama

Groundhopping Südtirol: Drittklassiger Fußball und erstklassiges Panorama
©TM/IMAGO

25.03.2018: FC Südtirol - US Sambenedettese - 1:1


„Giuseppe Meazza, Olimpico, San Paolo, in that Order“, würde Gareth Bale antworten, wenn man ihn fragen würde, welche italienischen Stadien man zuerst besuchen sollte. Und vermutlich würden ihm die meisten zustimmen. Um meinen Länderpunkt Italien zu machen, verschlug es mich im März 2018 jedoch weder nach Mailand, Rom oder Neapel, sondern nach Bozen, Südtirol. Genauer gesagt in das dort stehende Stadio Druso.



Warum ausgerechnet Bozen? Die Frage lässt sich einfach beantworten. Es lag auf dem Weg zum Urlaub am Gardasee und es war Länderspielpause. Folglich war ein Spiel in der Serie C an diesem Wochenende aus fußballerischer Sicht das höchstmögliche der Gefühle. Somit war die drittklassige Partie zwischen dem FC Südtirol und US Sambenedettese seit Beginn der Urlaubsplanung fest anvisiert.


Groundhopping in Südtirol: Nicht nur der Fußball ist sehenswert
Groundhopping in Südtirol: Nicht nur der Fußball ist sehenswert


Da ich die Nacht im österreichischen Wattens, in Sichtweite des Stadions der WSG Tirol, verbracht hatte, wurde die Fahrt nach Italien am frühen Sonntagmorgen angebrochen. Ein kleiner Stau am Brenner und ein Abstecher nach Meran führten dazu, dass wir erst gegen 14:10 Uhr das Stadio Druso erreichen. Aus dem Auto ging es also direkt in die Schlange der einzigen offenen Kasse.


Als ich dran war und ein Ticket auf der Haupttribüne für überraschend teure 25 Euro orderte, wurde mein Personalausweis verlangt. Die Tickets waren personalisiert. Scheinbar nahm die Dame im Kassenhäuschen das mit der Personalisierung allerdings nicht ganz so ernst, denn sie schaffte es, sowohl meinen Vor- als auch meinen Nachnamen falsch auf die Eintrittskarte zu drucken.



Mit meiner neu erworbenen Identität ging ich zum Eingang des Stadions und nahm zum ersten Mal richtig wahr, wie schön dieser eigentlich war. Nach dem Anreisestress hatte ich noch gar keinen richtigen Blick auf die Außenfassade der Sportstätte werfen können. Auf mich wirkte das Ganze nicht wie der Eingang zu einem, so stand es in goldenen Buchstaben über dem offenen Metalltor, „Sportplatz“, sondern eher wie der einer historischen Bibliothek oder Universität. Ich war schon jetzt positiv überrascht und begab mich zu den Sicherheitskontrollen


© Brian Rotter / Eher wie bei einem Museum: Der Eingang zum Stadio Druso in Bozen
Eher wie bei einem Museum: Der Eingang zum Stadio Druso in Bozen


Alpenpanorama der Extraklasse


Nach einem kurzen Blick auf mein Ticket und dem netten Hinweis, dass ich die rechte Treppe benutzen solle, sah ich erstmals das Innere des Stadions. Und ich war begeistert. Was für ein Ausblick! Hinter der kleinen überdachten Gegengerade ragten die letzten Ausläufer der Dolomiten weit über das Stadion hinaus und am Horizont war dank des blauen Himmels der Schlern, eines der Markenzeichen Südtirols, zu erkennen. Ein wunderschönes Panorama, dessen Anblick mich fast den Anstoß verpassen ließ.



  • Korrektur: Zunächst stand hier, dass die drei Zinnen zu sehen waren. Das ist von Bozen aus aber nicht möglich


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© Brian Rotter - Mit den Bergen im Hintergrund: Wunderbares Panorama im Stadio Druso
Mit den Bergen im Hintergrund: Wunderbares Panorama im Stadio Druso


Unterstützt wurden die Ultras Samb bei diesem Auswärtsspiel auch von ihren Freunden aus Deutschland. Neben dem Münchener Schickeria-Banner erkannte ich ein paar Freiburger im Block. Der Heimsupport war hingegen nicht koordiniert und sehr spielbezogen und gipfelte meist in einem lauten Raunen oder Stöhnen, während auf der gegenüberliegenden Seite dauerhaft gesungen wurde.


Der Star ist der Trainer: Ausflüge bis zur Sechzehnerkante


Auf dem Rasen duellierten sich hauptsächlich italienische Halbprofis, die in ihren Karrieren irgendwo zwischen vierter und dritter Liga pendelten und eine Handvoll gescheiterte Ex-Talente aus den Akademien der großen Klubs. Einziger erwähnenswerter Spieler, war hier der Kapitän der Gäste aus San Benedetto del Tronto: Armin Bacinovic. Der Slowene kommt immerhin auf 13 Länderspiele und stand für die US Palermo unter anderem gemeinsam mit Paulo Dybala und Javier Pastore auf dem Platz.



Auffälligster Akteur der Partie war allerdings weder Bacinovic noch ein anderer Spieler. Es war Gästetrainer Ezio Capuano, eine ein bisschen klein geratene Version von Antonio Conte. Ein Mann, der seit Ende der 80er als Trainer durch die unteren Ligen des italienischen Profifußballs tingelt und ein bunter Hund zu sein scheint. Capuano trug Anzug inklusive Krawatte und eine blau verspiegelte Sonnenbrille und passte in diesem Dress irgendwie so gar nicht in die Szenerie. Durch seine aufbrausende Art und sehr gestenreiche Kommunikation flog ihm seine Krawatte genauso oft um die Ohren wie er vom Schiedsrichtergespann ermahnt wurde. Contes Miniversion scheute sich nämlich nicht nur nicht davor, seine Coachingzone zu verlassen, sondern unternahm auch gerne Ausflüge auf das Spielfeld, um an der Sechzehnerkante den eigenen Innenverteidiger zusammenzupfeifen. Das trug sehr zur Belustigung der 1.300 Zuschauer bei.




Wechsel über Wechsel – Pflicht- oder doch ein Testspiel?


In der 64. Minute wechselte Sambenedettese aus und mir blieb kurz das Herz stehen. Hatten die nicht schon dreimal gewechselt? War ich hier etwa in ein Testspiel geraten? Ich war mir unsicher. Ich redete mir ein, mich verzählt zu haben und konzentrierte mich wieder aufs Spiel. Als dann allerdings auch der FC Südtirol innerhalb von 15 Minuten vier Mal wechselte und die Gäste kurz vor Schluss beim Stand von 1:1 einen fünften neuen Spieler brachten, war ich endgültig irritiert. Ich prüfte alle mir zur Verfügung stehenden Quellen und stellte immer wieder fest, dass es ein regulärer Spieltag der Serie C und kein Testspiel war. Aber warum dann insgesamt neun Wechsel? Wie ich später erfahren sollte, wurde diese Regelung erst zur Saison 2017/2018 eingeführt und gilt für alle Ligen der Serie C abwärts. Ich war beruhigt, nicht doch in einen Freundschaftskick geraten zu sein.


Das Pflichtspiel endete mit einem gerechten 1:1 und ich ließ das Panorama noch einmal auf mich wirken. Das war tatsächlich im Gesamtpaket eins der am schönsten gelegenen Stadien, die ich je gesehen hatte. Das Stadio Druso des FC Südtirol in Bozen ist auf jeden Fall eine Reise wert, auch wenn es in der Form, in der ich es besucht habe, nicht mehr existieren wird. Im Jahr 2019 wurde der Grundstein für einen Umbau gelegt und bis 2021 soll dieser abgeschlossen sein. Die denkmalgeschützte Fassade der Haupttribüne wird aber glücklicherweise erhalten bleiben und lediglich die Laufbahn verschwindet. Und selbst wenn die Spielstätte auf 10.000 Plätze erweitert wird, bleibt der Ausblick und somit bleibt auch das Stadio Druso immer einer meiner Favoriten. Langfristig will der FC Südtirol in den besser bezahlten Profifußball und wer weiß, vielleicht lässt sich auch Gareth Bale eines Tages hier blicken.


Von TM-User „bribri“


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Letzte Beiträge Newsforum

TP7_FCS FC Südtirol TP7_FCS 07.01.2023 - 14:54
Update 2022:
Das Stadion wurde in der Zwischenzeit auf 5500 Plätze erweitert und komplett renoviert. Die Laufbahn wurde entfernt und die Tribüne direkt an das Spielfeld herangezogen. Obwohl es natürlich immer noch ein sehr kleines Stadion ist, kann man es meiner Meinung getrost als "Schmuckkästchen" bezeichnen, welches in der Serie C (Vorjahr) seinesgleichen sucht, jedoch auch in der Serie B (nach dem Aufstieg 21/22) einen sehr guten Eindruck macht. Auch die Verpflegungsmöglichkeit hat sich deutlich verbessert und die durchschnittliche Zuschauerzahl sich mehr als verdoppelt (glaube aktuell ca. 4100?). Die Stimmung bringen leider nach wie vor vorallem die traditionsreicheren Auswärtsmannschaften mit, jedoch braucht eine solche Entwicklung halt mal seine Zeit.

Mein Fazit: Schönes modernes Stadion und ein Geheimtipp für jeden der Zweitligafußball in Spielfeldnähe erleben möchte daumen-hoch

PS: Einziges kleines Manko sind die fehlenden Kurven grins
nussbaumsetzer FC Südtirol nussbaumsetzer 19.04.2020 - 08:57
Schöner Bericht über "mein" Heimstadion. Ich war schon einige Male dort, und mit der Zeit überragt der katastrophale Zustand des Stadions das Panorama um einiges. Das Stadion dürfe sogar für die dritte Liga eigentlich zu klein sein und der FC Südtirol spielt glaub ich nur mit einer Ausnahmegenehmigung. Bei einem Aufstieg müsse man (soweit ich informiert bin) zu 100% außerhalb Südtirols spielen.
Als ich im Spätherbst das letzte Mal im Stadion war, wurden wir auf einer Nottribüne, die eigentlich ein Baugerüst war, untergebracht. Mit wurde gesagt, dass diese Art von Tribüne bereits seit einigen Jahren in Betrieb ist. Auswärtsfans sind in der Regel auch mehr anwesend als Heimfans. Für Getränke gibt es nur ein einziges Zelt. Was mich aber am meisten stört ist die ständige Werbung die während der Spiele über Lautsprecher läuft. Dazu ist der Eintritt einfach unverschämt teuer, wie allerdings in Südtirol so üblich. Dort zahlt man auch bei einem durchschnittlichen Verein der Oberliga (also nochmal 2 Stufen unter der Serie C), 10 Euro Eintritt.
Im Vergleich habe ich (vor ein paar Jahren) in der zweiten Österreichischen Liga, bei Wacker Innsbruck, 5 Euro gezahlt. Und das im großen Tivolistadion.
Prinzipiell würde ich auch sagen, dass eigentlich 90% der Stadien in Südtirol ein großartiges Panorama bieten.

Vielen Dank für den schönen Bericht, es ist gut auch mal eine neue Sichtweise zu bekommen, und oft weiß man das Bekannte ja auch nicht mehr zu schätzen.
default.jpg 18.04.2020 - 19:59
Zitat von bribri
Oh sehr guter Hinweis! Danke smile ich habe extra nochmal recherchiert, weil ich mir nicht sicher war, bin dann allerdings bei den drei Zinnen rausgekommen. Ich muss wohl öfter in der Region Urlaub machen


Kein Thema. Kann dir für das nächste Mal auch einen Besuch beim FC Obermais in Meran empfehlen.
Armin Bacinovic
Karriereende
Armin Bacinovic
Geb./Alter:
24.10.1989 (34)
Nat.:  Slowenien
Akt. Verein:
Karriereende
Vertrag bis:
-
Position:
Defensives Mittelfeld
Marktwert:
-
Ezio Capuano
Taranto FC 1927
Ezio Capuano
Geb./Alter:
19.01.1965 (59)
Nat.:  Italien
Akt. Verein:
Taranto FC 1927
Aktuelle Funktion:
Trainer
Vertrag bis:
30.06.2026
Im Amt seit:
12.09.2022
FC Südtirol
Gesamtmarktwert:
14,20 Mio. €
Wettbewerb:
Serie B
Tabellenstand:
12.
Kadergröße:
27
Letzter Transfer:
Alessandro Mallamo
US Sambenedettese
Gesamtmarktwert:
1,89 Mio. €
Tabellenstand:
4.
Kadergröße:
25
Letzter Transfer:
Edoardo Ascioti