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Gressel im Interview: „Wollen den Fans in Atlanta eine Trophäe bringen“
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Transfermarkt: Sie sind sieben Spieltage vor Ende der regulären Saison fast schon sicher für die Playoffs qualifiziert. Wäre es eine Enttäuschung, wenn dieses Jahr nicht der Titel rausspringt?
Gressel: Zunächst wollen wir in der regulären Saison Erster werden und den Supporters‘ Shield gewinnen – das ist quasi schon wie eine Meisterschaft, da gibt es auch eine Trophäe. Das Standing ist zwar nicht so hoch wie beim MLS Cup, den man am Ende der Playoffs gewinnen kann, aber für uns als Mannschaft ist es der Pokal, der zeigt, dass wir konstant, 34 Spiele lang, am besten waren. Darauf fokussieren wir uns. Die Playoffs danach sind…
Transfermarkt: … die Playoffs.
Gressel: Das ist wie eine zweite Saison, wo es innerhalb von zwei Spielen vorbei sein kann – wie in der Champions League. Manchester City hat eine riesige Saison gespielt, brechen Rekorde in der Premier League und scheiden aufgrund einer schwächeren Woche in der „Königsklasse“ gegen Liverpool aus. Aber wenn wir den Supporters‘ Shield gewinnen sollten oder Zweiter werden, haben wir auch einen großen Anspruch auf den MLS Cup. Allgemein gesagt: Atlanta hat als Sportstadt seit längerer Zeit keinen Pokal mehr gewonnen. Da wollen wir jetzt die Ersten sein, die den Fans eine Trophäe bringen.
Transfermarkt: Mit Rekordtorschütze Josef Martínez sowie Miguel Almirón und Ezequiel Barco spielen drei der zehn wertvollsten MLS-Profis für Atlanta – alle maximal 25. United holt vor allem junge und vielversprechende Talente. Ist diese Transferstrategie die Zukunft der Liga?
Almiron & Co.
Die teuersten Spieler der MLS-Geschichte
Zu den Rekordtransfers
Gressel: Ja, total. Wenn wir uns jetzt angucken, wie der LAFC die Arbeit angegangen hat, hat sich diese Strategie schon ausgewirkt. Da kann Atlanta United ein Vorbild sein. Wie Sie schon gesagt: Wir haben viele junge Spieler mit Potenzial, die hungrig sind, schnell spielen, Spaß machen und so die Liga weiterbringen. Es sind nicht mehr die Schweinsteigers oder Rooneys – die natürlich auch noch nicht 35, 36 sind und deshalb noch sehr erfolgreich sein können. Aber der Trend geht, denke ich, zu jüngeren und ambitionierteren Spielern.
Wenn mir vor anderthalb Jahren bei der Draft jemand gesagt hätte, dass es so kommt, hätte ich gesagt: „Ja, genau… Spinner.“
Transfermarkt: Sie haben sich auf Anhieb als Stammspieler etabliert und sind heute Leistungsträger – quasi als Eigengewächs, obwohl der Klub auf dem Transfermarkt nicht gerade zurückhaltend agiert. Wie bewerten Sie Ihre eigene Entwicklung seit dem Wechsel in die MLS?
Gressel: Wenn mir vor anderthalb Jahren bei der Draft jemand gesagt hätte, dass es so kommt, hätte ich gesagt: „Ja, genau… Spinner.“ Dass es so gekommen ist, ist eine Riesenehre für mich. Die anderthalb Jahre haben super viel Spaß gemacht. Ich bin damals nach Atlanta gekommen mit dem Vorhaben, hart zu arbeiten, viel und schnell zu lernen und dann mal zu schauen, wo es hingeht. Ich hatte das Glück, einen Trainer zu erwischen, der mich als Spieler und Person sehr mag.
Transfermarkt: Gerardo Martino ist als Trainer ungemein erfahren, hat u.a. schon in Barcelona und bei der argentinischen Nationalelf mit Lionel Messi gearbeitet. Seine Rolle ist für Ihre Entwicklung demnach mitentscheidend?
Gressel: Er hat mich von Anfang an unterstützt und mir geholfen. Von ihm habe ich sehr viel gelernt. Er ist mit seiner Philosophie der Kopf der ganzen Geschichte. An unserem Erfolg – und meiner Entwicklung – hat er sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr großen Anteil. Das ist ein Glücksfall für mich. Ich will es jetzt aber auch nicht so sehen, dass ich anderthalb oder zwei super Jahre gespielt habe, sondern möchte mich weiterentwickeln und so meine Karriere voranbringen.
© imago / Der Argentinier Gerardo Martino ist seit Anfang 2017 Atlanta-Coach. 2013/14 arbeitete er beim FC Barcelona
Transfermarkt: Mit dem früheren Bundesliga-Profi Kevin Kratz hatten Sie von Beginn an einen deutschen Mitspieler. Wie sehr haben Sie sich gegenseitig bei der Eingewöhnung geholfen?
Gressel: Definitiv, der Kevin hat mir sehr geholfen – nicht nur auf dem Platz. Er war natürlich sehr froh, dass er nach seiner Verletzung (Fußverletzung mit 25 verpassten Spielen; Anm. d. Red.) wieder spielen kann. Wir haben uns schnell angefreundet und uns zum Beispiel darüber ausgetauscht, was in der Bundesliga, der 2.Liga passiert. Das macht mir immer noch riesigen Spaß. Kevin war und ist mir eine Riesenhilfe.